Etatrede von Oliver Kellner zur Verabschiedung des Haushalts der Stadt Emsdetten

Fraktion Die Grünen im Stadtrat Emsdetten, 17.12.2019

Oliver Kellner, Haushaltsrede 2020, Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und –kollegen,


sehr geehrte Damen und Herren der Presse und auf der Zuschauertribüne, Ich möchte mich zunächst im Namen meiner Fraktion bei den Beschäftigten der Verwaltung dafür bedanken, dass dieser Plan zur Beratung und Verabschiedung vorliegt. Stellvertretend für alle möchten wir uns besonders bei Ihnen, Frau Schriewer
und Ihrem Team bedanken. Darüber hinaus auch allen, die sich im vergangenen Jahr in der Stadt und für die Stadt engagiert haben – sei es hauptamtlich oder ehrenamtlich – ein herzliches Dankeschön. Allen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gutes und gesundes 2020.

Zum Haushalt:
Der Haushalt weist zum ersten Mal wieder ein Defizit in Höhe von rund 3,2 Mio. Euro aus. Das liegt nicht nur an geringeren Zuweisungen, sondern auch an gestiegenen Kosten, auch an gewollten Mehraufwendungen durch politische Beschlüsse. Wir haben Ausgaben, auf die wir nur bedingt Einfluss nehmen können
(Sozialleistungen, Leistungen für Flüchtlinge und Asylsuchende, Kreisumlage).Da hilft es erst mal auch nichts, dass sich Bund und Land nicht ausreichend an der Finanzierung beteiligen.

Dieses Defizit wird durch die Ausgleichsrücklage, die in den letzten Jahren dank guter Steuereinnahmen wieder deutlich aufgestockt werden konnte, ausgeglichen. Allerdings steigt durch hohe Investitionen in den kommenden Jahren der Schuldenberg massiv an. Das betrifft sowohl die langfristigen als auch kurzfristigen (Liquiditäts-) Kredite. Ein Teil dieser Investitionen sind gut und nachhaltig (Schule, Kita, Kultur), sie machen Emsdetten fit und attraktiv für die Zukunft.

Hohe Standards in der Sozial- und Jugendpolitik sowie im Kultur- und Sportbereich wurden über Jahre entwickelt und hochgehalten. Dort gibt es aus unserer Sicht nichts zu meckern, also ausdrückliches Lob an die entsprechender MitarbeiterInnen der Verwaltung. Gleichwohl müssen wir auch hier weiter dran bleiben. Unser Antrag Citymanagement ist immerhin auf der Zielgeraden – aber vor zehn Jahren wäre es einfacher gewesen, die damaligen Probleme in den Griff zu bekommen – und das passende Personal zu finden.

Die Großprojekte Deitmars Hof und Stroetmanns-Fabrik sind zwar auf gutem Weg, gleichwohl die Politik andere Prioritäten vorgegeben hat.

Eine „Grüne Welle“ rollt durch Emsdetten. So sollen ab dem kommenden Jahr Maßnahmen greifen, die der Verschotterung der Vorgärten entgegenwirken. Auch unsere über Jahrzehnte gestellte Forderung auf eine ganzjährig kostenlose Grünabgabe wird Realität und wird hoffentlich helfen, dass die wilde Müllbeseitigung weniger wird.


Die 2017 beschlossene Initiative für kleine Windkraftanlagen war für 2018 im Etat verankert – nun soll sie 2020 kommen.

Alle Parteien entdecken plötzlich ihre Liebe zur Natur und den Klimaschutz und steigen auch ruck-zuck auf’s Fahrrad um! Gerne auch elektrisch, mit eingebautem Rückenwind wie es immer heißt.
Diesen Rückenwind vermissen wir allerdings für viele unserer Themen und Anträge: Die im Juli beschlossene Arbeitsgruppe für Radtourismus und Umweltbildung hat noch nicht einmal getagt.

Vorrang für den Radverkehr und eine ehrliche Mobilitätswende: das wünschen wir uns von Herzen. Aber unser Antrag auf einen höheren Ansatz für die LastenradFörderung hat ebenso wenig Mehrheiten gefunden, wie ein Etat-Ansatz für ein kommunales Förderprogramm zum Lärmschutz an viel belasteten Straßen.

Und damit sind wir bei der K53n, der sogenannten „Westumgehung“: Die
Mobilitätswende ist in aller Munde. Mehr als 500 Menschen fuhren am 7. Juli mit dem Fahrrad durch die WestumgeBung. Mehr als 3.500 Menschen, davon mehr als 2.400 Emsdettenrinnen und Emsdettener, haben aktuell die Petition „Klimaschutz statt Straßenwahn“ unterzeichnet, deren Zwischenstand Sie, Herr Bürgermeister, ja seit
heute in Händen halten.

Was motiviert so viele Bürgerinnen und Bürger, aufzustehen
und aktiv zu werden? Sie alle sehen und spüren, dass wir grundsätzlich was ändern müssen. Sie alle können es nicht verstehen, dass zur offenbar geringen Entlastung einiger Anwohnerinnen und Anwohner in großem Umfang Flächen versiegelt werden sollen, Ackerland und Weiden, Wiesen und Wald unwiederbringlich geopfert werden
sollen. Wir müssen aufhören, Flächen zu versiegeln, denn es gibt einfach Grenzen des Wachstums: Mit den über 350 baureifen Grundstücken in Emsdetten ließe sich die Grundstücksnachfrage direkt befriedigen, ohne ein einziges weiteres Baugebiet neu auszuweisen!

Eigentum verpflichtet – ein ganz wichtiger Punkt, übrigens auch
für die Eigentümer von Grundstücken und Immobilien in der Innenstadt!
Wir haben in den letzten Jahren dem Etat trotz der eingestellten Planungskosten für die K53n zugestimmt. Wir haben immer gesagt, letztmalig im Hauptausschuss vergangene Woche, dass wir die Kosten für die Straßenplanungen bis zum Planfeststellungbeschluss mittragen wollen, damit valide Gutachten auf dem Tisch liegen. Das Erörterungsverfahren zeigte einmal mehr: Hat nicht ganz geklappt, aber
die Nachbesserungen beim Verkehrsgutachten dürften auf den Deckel des Gutachters geschrieben werden. Und die Umweltgutachten waren für uns schon in der veralteten Form Grund genug, dem Projekt nicht zustimmen zu können.

Schlussendlich: Die mit dem Bau verbundenen Kosten rechtfertigen nach unserer Auffassung nicht den massiven Eingriff in die Natur. Im Kreisausschuss wurde die Kostenschätzung von 40 Millionen Euro nicht dementiert. Mit 8 Millionen Euro ist die Stadt Emsdetten direkt beteiligt: Schon mit nur einem Bruchteil dieser Summe ließen sich erhebliche Entlastungen für die Betroffenen schaffen, und es bliebe Geld für
ganz andere Projekte, die die Verkehrswende unterstützen.

Ein Bruchteil wäre nötig, um das kommunale Förderprogramm zum Lärmschutz umzusetzen. Wir werden weiterhin für die WestumgeBung kämpfen. Die Zustimmung zum Haushaltsentwurf war und ist immer nach Abwägung (überwiegt das positive?) und Gesamtwürdigung des Haushalts erfolgt. Wie das im übrigen auch die WählerInnen bei jeder Wahl tun, egal ob auf Kommunaler, Landesoder Bundesebene. Ein Wahlprogramm kann mich insgesamt ansprechen, auch wenn ich einzelne Punkte nicht gut finde bzw. hierzu eine andere Auffassung habe. Daher von einer 80%-igen Zustimmung für die Westumgehung nach der letzten Kommunalwahl zu sprechen halten wir für absurd.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Zukunft wird aus Mut gemacht (Parteitagsmotto der Grünen)! Zuversicht und Haltung sind heute wichtiger denn je. Wir sollten mutig und voller Vertrauen in unsere eigene Stärke immer wieder neues wagen, um die Herausforderungen, vor denen wir stehen, anzugehen. Wir möchten Emsdetten zu einer grünen Stadt weiterentwickeln, die effizient mit Flächen umgeht, bezahlbare Wohnungen schafft, die lokale Energiewende und umweltschonende Mobilität vorantreibt. All das finden wie in diesem Haushaltsentwurf nicht, deshalb lehnen die Grünen den Haushaltsentwurf
ab.