Rede zum Haushalt 2024

„Zukunft entscheidet sich hier“. Das war der Slogan, mit dem wir vor drei Jahren bei der Kommunalwahl angetreten sind, um hier in Emsdetten weitsichtige Politik mit einem klaren Kompass für soziale Gerechtigkeit & Klimaschutz zu machen. Drei Jahre später scheint mir dieser Slogan leider nicht mehr so passend, wie damals: Corona-Pandemie, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, Energiekrise, Inflation und immer mehr Aufgaben für uns als Kommune, die von Bund und Land nicht ausreichend gegenfinanziert werden. All das führt mich zu der Frage: Wie viel Zukunft entscheiden wir denn wirklich noch hier?

Sehr geehrter Herr Bürgermeister und Mitarbeitende der Verwaltung, liebe Ratskolleg*innen, liebe Pressevertreter, liebe Bürger*innen, wir sind in die diesjährigen Haushaltsberatungen mit der Einbringung des Etatentwurfs durch unseren Bürgermeister gestartet. Am Ende dieser Einbringung stand ein Minus von 21,8 Millionen Euro. Die Ansätze für die Folgejahre sehen da nicht besser aus.

Während CDU und UWE das nun auf eine unverantwortliche Haushaltsführung des Bürgermeisters und eine unvernünftige Finanzpolitik von uns Grünen schieben, würde ich das hier gerne einmal gerade rücken:

Ende August gaben in einer Umfrage des Städte- und Gemeindebundes 60% der NRW-Kommunen an, dass sie möglicherweise in die Haushaltssicherung rutschen. Das ist jede 6. Kommune. Sind die alle von den Grünen geführt? Nein, überwiegend von CDU oder SPD: Haushalten die also alle schlecht? Nein, eben auch nicht. Es liegt an den strukturellen, äußeren Bedingungen.

Glauben Sie ernsthaft, dass es Oliver Kellners Verantwortung ist, wenn die Preise für Bauvorhaben immer weiter steigen? – oder hat das vielleicht vielmehr mit der Inflation zu tun? Und wie kann man eigentlich von unvernünftiger Finanzpolitik sprechen, wenn man im Jahr 2023 weiterhin an einer seit vierzig Jahren geplanten, bis heute nicht umgesetzten, mindestens 40 Millionen Euro Steuergelder verschluckenden Umgehungsstraße festhält?

Liebe CDU-Fraktion, am Montag sprachen Sie im Hauptausschuss von Ihren Sparvorschlägen, die den Haushalt um 1,2 Millionen Euro entlasten würden. Das mag ja stimmen, nur haben Sie dabei einen entscheidenden Teil in der Rechnung vergessen: Würden wir den Haushalt samt all Ihrer Anträge beschließen, dann würden wir durch Ihre Vorschläge zur reduzierten Anhebung der Grundsteuern ein Einnahmedefizit von 1,4 Millionen Euro gegenüber dem Vorschlag der Verwaltung verbuchen. Damit ist ganz klar, dass Sie in der Gänze Ihrer Haushaltsanträge keinen Beitrag zur finanziellen Entlastung der Stadt vorschlagen.

Für uns Grüne ist klar: Die Klimakrise wird viel teurer werden, als es Klimaschutz jemals sein kann. Deshalb müssen wir weiterhin in Klimaschutz & Klimafolgenanpassung investieren, um uns höhere Folgekosten durch die Klimakrise
zu ersparen & vor allem nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten.

Im Bereich Klimaschutz haben wir in den letzten Jahren den dringend notwendigen Einstieg in die Mobilitätswende geschafft: Mit den ersten Fahrradstraßen und dem integrierten Mobilitätskonzept sind wir auf einem guten Weg. Ebenfalls konnten wir in den letzten drei Jahren durch die umfangreiche Förderung von Lastenrädern dafür sorgen, dass Lastenräder heute kaum mehr aus dem Emsdettener Stadtbild wegzudenken sind. Gerne hätten wir diese Förderung weitergeführt, die finanzielle Situation erfordert aber Ausgabendisziplin, weshalb wir sie an diesem Punkt nicht
weiter fortsetzen können.

Im Bereich der Klimafolgenanpassung zählt die Umgestaltung des Sandufers zu einem zentralen Stadtentwicklungsprojekt. Wir entsiegeln, beschatten & schaffen Stadtgrün. So bereiten wir die Stadt auf immer heißer werdende Sommer vor und sichern Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Deshalb halten wir im Sinne einer zu stärkenden Klimaresillienz an der Umgestaltung fest.

Mit der Ablehnung der Aufnahme von neuen Optionsflächen in die Änderung des Regionalplans haben wir uns als einzige Fraktion deutlich für eine flächenschonende Entwicklung ausgesprochen. Es gibt keine Daten, die Emsdetten einen Bevölkerungszuwachs vorhersagen, eher im Gegenteil. Wir sehen daher keinen Bedarf, weitere große Gewerbeflächen zu schaffen, zumal bereits vor der Aufnahme der erweiterten Optionsflächen 150 Hektar für Gewerbegebiete in der Vorlage vorgesehen waren. Wir brauchen eine flächensparende Siedlungsentwicklung und eine Wirtschaft, die sich in ihrem Wachstum, den ökologischen Grenzen unterordnet, damit wir unsere Umwelt schützen und die biologische Vielfalt erhalten können.

Aus dem in diesem Jahr beschlossenen Handlungskonzept Wohnen ging eindeutig hervor, dass die bislang in Emsdetten geltende Quote von 25% für den öffentlich geförderten Wohnungsbau nicht mehr ausreichend ist. Um dem Bedarf an geförderten Wohnraum in Zukunft gerecht werden zu können, sieht das Handlungskonzept Wohnen eine Quote von 40% vor. Diese haben wir in diesem Jahr beschlossen uns tragen somit dazu bei, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Unsere Zukunft entscheidet sich im Zweifel eben doch noch vor Ort. Denn wir sind es, die an wichtigen Investitionen festhalten.

Und weil Sie, liebe CDU & UWE, ja immer von der Rot-rot-grünen Ratsmehrheit sprechen, möchte ich es hier an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich klarstellen: Es gibt keine Koalition oder sonst irgendeine Verabredung zwischen uns und anderen Fraktionen.

Seit dem ersten Tag dieser Wahlperiode ist für uns klar: Es braucht das Beste für die Stadt und die Menschen. Und deswegen organisieren wir Mehrheiten für unsere Themen. Ob wir ein Klimaschutzprogramm mit der CDU oder mit der SPD beschließen – was tut das zur Sache? Es geht darum, DASS es beschlossen wird. Dabei war es in diesen Haushaltsberatungen doch auch ganz offensichtlich, dass die SPD in manchen Fragen auf einer anderen Seite stand:

Wenn die SPD im Jugendhilfeausschuss beantragt 200.000€ am Neubau der Kita am Silberweg zu sparen und einen Tag später im Schulausschuss dann den Umbau der Kardinal-von-Galen Schule um drei Jahre schieben möchte und CDU und UWE dann in der Zeitung von „Grün-rot-roten Sparvorschlägen“ sprechen, die sie „fassungslos zurücklassen“ und die Frage aufwerfen, ob Emsdettens Kinder Grün-rot-rot weniger wert sind als ihr eigenes Wählerklientel und politische Steckenpferde, dann fällt mir am Morgen beim Zeitung lesen nicht nur der Kaffee aus der Hand, sondern auch die Kinnlade runter.

Öffentlich den Eindruck zu erzeugen, dass wir mit den Sparvorschlägen der SPD im Bereich Jugendhilfe und Schulen irgendetwas zu tun hätten, ist frei von allen faktischen Anlässen und bestenfalls rhetorisch unpräzise, schlimmstenfalls eine strategisch motivierte Verdrehung von Tatsachen, die ich beschämend finde.

Ob die Einführung von Kinder- und Jugendrat, der Sanierung von Schulen, dem Neubau von Kitas, den Verhandlungen zur Kita-Beitragstabelle oder der Austausch mit Stadtschulpflegschaft und Jugendamtselternbeirat:

Wir GRÜNE sind diejenigen, die Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellen. Für uns sind Kitaplätze und Schulgebäude keine Verhandlungsmasse. Uns ist unsere Haushaltslage schmerzlichst bewusst. Doch gerade in finanziell schwierigen Zeiten stehen wir zu unseren Überzeugungen: Wir dürfen die Zukunft nicht kaputtsparen. Das eine sind Schulden in den Büchern, rote Zahlen, klar. Doch wenn es um Generationengerechtigkeit geht, dann sind es doch Schulden in der Realität, die viel gravierender für uns junge Menschen sind: Wenn Schulgebäude nicht saniert werden, die Innenstadt bei 40 Grad keinen Schatten bietet und man ohne Auto kaum von A nach B kommt, weil die Politik nicht investiert hat, dann ist das der größere Verrat an der Generationengerechtigkeit.

Jeder Cent, der in Bildung & Betreuung von Kindern und Jugendlichen gesteckt wird, ist ein Cent, der nicht nur gerechtere Chancen schafft, sondern auch ein unmissverständliches Signal sendet.

Denn denken Sie doch mal drüber nach: Was sagen wir denn den Kindern an der Kardinal-von-Galen Schule, wenn wir ihnen dort vorsetzen, dass die dringend benötigte Sanierung um drei Jahre verschoben wird? Dass wir ja eigentlich für eine vernünftige Kinder- und Jugendpolitik stehen, ABER nicht in finanziell herausfordernden Zeiten?

Liebe Ratskolleg*innen, liebe Emsdettener*innen, eins steht fest: Solange wir GRÜNE die Politik in Emsdetten mitgestalten, wird an der Zukunft nachfolgender Generationen nicht gespart. Hinter einer auskömmlichen Finanzierung der Kinder- und Jugendpolitik gehört kein ABER, sondern ein PUNKT.

Auch wenn CDU & UWE sich selbst als „Allianz der Vernunft“ bezeichnen, würde ich diesen Schulterschluss eher als eine „Allianz der Verantwortungsfreiheit“ benennen: Die Forderung Bürger*innen Steuererhöhungen zu ersparen, rührt doch aus der Gewissheit, dass sie mit so einer Forderung natürlich super dastehen, gleichzeitig ganz genau wissen, dass diese Erhöhungen, so schmerzlich sie sind, doch einfach notwendig sind in dieser Zeit. Genauso wissen sie auch, dass sie mit der Forderung in diesem Rat keine Mehrheit finden.

Was gibt’s denn Schöneres? Sich gegen leider notwendige Steuererhöhungen einsetzen, wissen, dass sie trotzdem beschlossen werden, dann den Haushalt ablehnen & so dastehen, als wäre man das soziale Gewissen der Emsdettener Politik.

Ein wirkliches soziales Gewissen hätten Sie aufbringen können als es darum ging Reinigungskräfte in gute Beschäftigungsverhältnisse zu überführen und die CDU insbesondere auch bei der Frage von Kita-Beiträgen, in der sie am Ende gegen eine Entlastung für Familien mit niedrigen Einkommen gestimmt haben.

Abschließend bleibt mir nicht viel mehr als einen ganz ausdrücklichen Dank an die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und unseren Bürgermeister Oliver Kellner auszusprechen. Für uns alle waren die diesjährigen Haushaltsberatungen anstrengend, kräftezehrend und zu keinem Zeitpunkt leicht. Durch die gute, verantwortungsvolle Vorarbeit der Kämmerin, des Bürgermeisters und der gesamten Verwaltung konnten wir jedoch zu jedem Zeitpunkt aus umfangreichen Informationen schöpfen, um guten Gewissens Entscheidungen für Emsdetten zu treffen. Dafür ein großes Dankeschön!

Die Zeiten sind sicher keine leichten, aber ich bin überzeugt davon, dass auch wieder bessere Zeiten kommen können – wenn wir so weitermachen, wie jetzt: Mit Verantwortung, Weitsicht & dem Mut auch in schwierigen Zeiten in langfristige Ziele wie Klimaneutralität zu investieren und eine sozial gerechte Politik weiterhin der Maßstab unseres Handelns bleibt.

Vielen Dank!